Artikel in der Zeitschrift „MONAT“:
Beim Dildo-Frühschoppen mit Frau Ingrid bekommt der Begriff„Einführungsgesprach“ eine neue Bedeutung. Daumen mal Pi gilt aber: „Die neue Partyidee soll nicht nur was für Frauen sein, auch Pärchen und Männerrunden haben garantiert ihren Spaß.“
Das Ambiente ist grundsätzlich unverdächtig.
Eine nette, kleine Wohnung beim Klagenfurter Kreuzbergl. Ingrid hat gerade erst an der Tür geläutet. Mittlerweile steht sie im Wohnzimmer und beginnt ihre zwei großen, schwarzen Taschen auszupacken. Und während bei den guten, alten Tupperware-Partys Salatschleudern, Gemüsehobel oder Gefrierdosen ans Kunstlicht gekommen wären, bedeckt Ingrid den mitgebrachten Massagetisch mit deutlich frivolerem Zeug: Dildos und Vibratoren in allen erdenklichen Farben, Formen und Größen. Sinnliche Öle und Körperpuder mit Geschmack runden das einprägsame Angebot ab. Das anfänglich leicht nervöse Lachen der fünf Damen, die auf Ingrid gewartet haben, wird zum neugierigen Raunen. Da und dort ein verlegenes Kichern. Bei Prosecco und Kuchen findet er dann statt, der „Dildo-Frühschoppen“.
Da kommt die Damenrunde aus dem Staunen nimmer raus: In allen Farben und Formen gibt es Sex-Toys, die nicht nur im Schlafzimmer für prickelnde Stunden sorgen. Detailgespräche werden diskret im Nebenzimmer geführt.
Die neue Partyidee gibt es für reine Damenrunden, Pärchen und – überraschend – auch für Männerrunden.
„Nicht um anzügliche Witze zu reißen, sondern um für die Liebste etwas Liebes zu kaufen“, wie Ingrid versichert. Ihre Berufsbezeichnung lautet übrigens „Love-Beraterin“. Diesmal also nur Frauen. Das Vorspiel vulgo die Einführungsworte fallen kurz aus, es geht gleich zur Sache: „Wir werden es sicher lustig haben“, sagt Ingrid, 29 Jahre alt und zweifache Mutter. Um den Damen die merkliche Anspannung zu nehmen, stellt sie zuerst ein Gleitgel aus Silikon vor, das sich tatsächlich „Flutschi“ nennt. „Ihr werdet sehen, ich kann euch alle eure Hemmungen gleich nehmen.“
„Flutschi“ leistet ganze Arbeit:
Die Damen werden locker, schmieren sich die Hände ein und staunen: „Sooo weich...“ Weiter geht es mit rosafarbenen Liebeskugeln, einem schwarzen Massagehandschuh oder duftenden Massageölen. Jetzt gibt es kein Halten mehr, die jungen Frauen nehmen das Angebot zum Aufpeppen des Liebeslebens gründlich in Augenschein. Sie prüfen Material und Vibrationsintensität der Lustspender am eigenen Körper. Natürlich nur äußerlich, was haben Sie gedacht? Von Sexorgie keine Rede, im Gegenteil: Die Liebes-Beraterin erklärt jedes einzelne Stück und gibt Anleitungen zur richtigen Handhabung. So erfährt man, dass „Liebeskugeln“ auch gut sind um die Beckenbodenmuskeln zu trainieren. Und der Massagehandschuh soll bei Periodenschmerzen für die nötige Entkrampfung sorgen. Auf Krankenschein bekommt man die Dinger dennoch nicht.
Dann näherten wir uns dem Höhepunkt:
Aufmarsch der Dildos! Den Einstieg macht – Originalzitat – „Ein Traum in Flieder“, dessen Knöpfe einfach zu bedienen sind, wie bei einer Fernbedienung. Drückt man auf Wellen und Schwingen, dann fängt er auch schon an zu Schnurren“, erklärt Ingrid. Gelächter! Doch als das „lila Ding“ durchgereicht und an der Nasenspitze auf seine Stufenintensität getestet wird, werden die Gesichtszüge der Damen plötzlich viel entspannter. „Das könnte funktionieren“, meint eine der Testerinnen. Zwei Stunden dauert der erotische Frühschoppen, alles wird angefasst, gerochen, geschmeckt und im Rahmen der Möglichkeiten auch ausprobiert. „Ein Riesenspaß!“, sagt Renate, eine der Testerinnen: „Zumal man im Vorfeld eine völlig falsche Vorstellung von so einer Liebesspiel-Party hat.“ Sie, die nie in einen Sexshop gehen würde, habe so auch eine Chance, spannende Dinge kennenzulernen.
Über mangelndes Interesse kann sich 4Lover-Beraterin Ingrid nicht beklagen.
Sie ist bis zu 25 Tage im Monat unterwegs. „Wir haben in Österreich 130 Beraterinnen. In Kärnten sind es erst zwei.“ Sie selbst ist vor Jahren in einer Babypause eher zufällig zum Job gekommen. Heute verdient die Tirolerin als Gruppenleiterin mehr als ihr Mann. Bis zu 40.000 Kilometer fährt sie pro Jahr mit dem Auto, von Party zu Party: „Ich liebe den Job. Schließlich geht es dabei um den Spaß im Schlafzimmer.“ Nach der Produktpräsentation und der Beantwortung aller offenen Fragen zieht sich Ingrid in einen separaten Raum zurück und klärt individuelle Fragen mit jedem Gast unter vier Augen ab. So erfahren nicht einmal die Freundinnen, was man letztlich tatsächlich kauft. Und das ist vielleicht gut so...